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Viele Eisenbahner verlieren die Nerven!

Süddeutsche Zeitung, 29.11.2000

Von Rolf Thym und Peter Schmitt

Regensburg/Nürnberg: Nachteile für die Mieter der zum Verkauf stehenden Bahn-Wohnungen in Bayern befürchten die Mietervereine in Regensburg und Nürnberg. In Ostbayern und Franken sollen insgesamt rund 7.200 Wohnungen, die einst als soziale Absicherung von gering verdienenden Bahnbeschäftigten gedacht waren, an den japanischen Finanzkonzern Nomura verkauft werden.

Der Geschäftsführer des Nürnberger Mietervereins, Hans Halbig, findet es einfach traurig, dass diese Bundesregierung in die gleichen Fußstapfen getreten ist wie die alte. Bereits seit Jahren ist der geplante Verkauf von bundesweit rund 114.000 Bahn-Wohnungen heftig umstritten. Halbig befürchtet, dass langjährige Bewohner trotz eines offenbar sehr weitreichenden Mieterschutzes die Nerven verlieren, wenn umfangreiche Sanierungen anstehen: Die geben auf und ziehen aus. In Franken stehen rund 4.000 Wohnungen davon 2.800 in Nürnberg auf der Verkaufsliste. In Ostbayern sind die Mieter von 3.273 Wohnungen in zahlreichen Städten zwischen Hof, Regensburg und Passau betroffen.

Für den japanischen Finanzkonzern Nomura, der die Bahn-Wohnungen in Ostbayern und Franken übernehmen will, könnte das Geschäft eine gefährliche Sache werden, glaubt der Regensburger Mieterverein-Geschäftsführer Willibald Bauer. Es sei fraglich, ob da ein großer Gewinn dahinter steckt. Bei vielen der zum Verkauf stehenden Häuser sei die Bausubstanz sicherlich nicht die allerbeste. In manchen Wohnungen müsse noch mit Holz- und Kohleöfen geheizt werden.

Zudem könnten die Mieter der zum Verkauf stehenden Häuser mit einer Reihe von Problemen konfrontiert werden: Bauer rechnet damit, dass die japanischen Investoren die bisherigen Bahn-Wohnungen nach Möglichkeit umgehend weiterverkaufen wollen entweder and die Mieter selbst oder an private Kapitalanleger. Bei der Fortsetzung von Mietverträgen sie mit einem Ansteigen der Mieten zu rechnen: Da wird gefordert werden, was drin ist. Zur Vorsicht rät Bauer jenen Bewohnern, die den Kauf ihrer bisherigen Mietwohnung überlegen. Da bislang keine Rücklagen zur Instandhaltung geschaffen worden seien, könnten auf die künftigen Eigentümer zusätzlich zu den Kosten für eine Finanzierung der Kaufsumme erhebliche Beiträge für die Sanierung von sogenanntem Gemeinschaftseigentum zukommen.

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