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Bei Heizkostenabrechnung kalt erwischt

Mieterverein gewinnt Prozess in Regensburg und rechnet mit bundesweiten Folgen

Süddeutsche Zeitung vom 19.09.2001

Von Rolf Thym

Regensburg: Bundesweite Bedeutung misst der Mieterverein in Regensburg einem Gerichtsurteil über eine umstrittene Abrechnung von Heizungs- und Warmwasserkosten für Mietwohnungen bei. In einem verfahren vor dem Regensburger Amtsgericht ging es um die Frage, ob erhebliche Kosten, die eine Abrechnungsfirma für das Eichen, die Wartung und die Abrechnung von so genannten Wärmemengen-Zähler in Rechnung stellte, vom Vermieter oder vom Mieter getragen werden müssen. Das Gericht entschied, dass der Einsatz von Wärmemengen-Zählern zu teuer sei und dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nicht entspreche. Aus diesen Gründen wurde die Gesamtabrechnung für Warmwasser und Heizung für nichtig erklärt. Zahlen muss der Mieter erst dann, wenn die Hausbesitzer eine neue Abrechnung ohne den Kostenanteil vorlegen, der auf die Verwendung der umstrittenen Messgeräte entfällt.

Um den Energieverbrauch für Warmwasser und Heizung zu senken, gehen Vermieter nach Darstellung des Regensburger Mietervereins zusehends dazu über, spezielle Geräte in Mietshäusern einbauen zu lassen. Die Wärmemengen-Zähler – sie erfassen in den Rohrleitungen den Verbrauch und die Temperatur von Warm- und Heizwasser- werden von Abrechnungsfirmen im Rahmen von Miet-, Wartungs- und Ableseverträgen installiert. Eine Regensburger Grundbesitzgesellschaft verlangte die anteiligen Kosten für den Einsatz und das Ablesen der Wärmemengen-Zähler von einem Mieter. Der empfand den geforderten Betrag als zu hoch und schaltete den Mieterverein ein. Nach dessen Auffassung sind die Wärmemengenzähler und die auf diesen Geräten basierenden Verbrauchsabrechnungen „insgesamt unwirtschaftlich“. Die von den Abrechnungsfirmen verlangten Kosten für diese Messgeräte fielen im Vergleich zur tatsächlichen Energieeinsparung unverhältnismäßig hoch aus. Daher könnten Mieter nicht noch für die Mehrkosten aufkommen.

Dieser Auffassung schloss sich vor wenigen Tagen das Regensburg Amtsgericht an. Es lehnte eine Klage der Grundbesitzgesellschaft auf die anteilige Erstattung der Mehrkosten durch den Mieter ab. Dabei ging es um einen Betrag in Höhe von 457,50 Mark. Nach Angaben von Willibald Bauer, dem geschäftsführenden Vorstand des Mietervereins in Regensburg, trifft diese Art der Abrechnung nicht allein die umstrittenen Wärmemengen-Zähler, sondern auch elektronische Geräte und Verdunsterröhrchen. „Das Problem beginnt damit“, sagt Bauer, „dass Vermieter, insbesondere Gesellschaften, großen Wert darauf legen, bei den Heizungs- und Warmwasserabrechnungen mit keinerlei Kosten belastet zu werden. Sorglos wird dann jede Art von Überlassungsvertrag mit Abrechnungsfirmen unterschrieben“. Die Vermieter seien der Meinung, dass sämtliche Rechnungen der beauftragten Firmen anteilig auf den Mieter umgelegt werden könnten. Dabei sei es soweit gekommen, sagt Bauer, dass „zwischen 25 und 45 Prozent der gesamten Wärmeenergiekosten“ auf die Dienstleistung der Abrechnungsfirmen entfielen.

„Die Idee, dass mit der genauen Verbrauchserfassung Energie eingespart wird, wird so pervertiert“, meint Bauer, „weil die Mieter ein Vielfaches von dem zahlen sollen, was an tatsächlicher Ersparnis eintritt“. Bauer ist der Überzeugung, dass dem Regensburger Richterspruch bundesweite Bedeutung zukommt. Bislang sei kein vergleichbares Urteil bekannt. Er rechnet damit, dass eine „Prozessflut“ auf die Vermieter zukommt.

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